Bericht 76, August 2011

Arras – Péronne – Compiègne – Conflans Sainte Honorine – Paris

(Scarpe supérieure, Liaison grand gabarit Dunkerque-Escaut, Canal du Nord, Canal latéral à l’Oise, l’Oise, Seine, Canal St Martin; 224.5 km; 34 Schleusen, 1 Tunnel)

Fahrtstrecke Arras – Paris

Fahrtstrecke Arras – Paris

Die Scarpe supérieure ist auf der Rückfahrt so einsam, verlassen und idyllisch wie auf der Hinfahrt.

Die idyllische Scarpe supérieure

Die idyllische Scarpe supérieure

Wir kommen zügig voran und erreichen in einem Tag Arleux, wo der Canal du Nord in die Liaison grand gabarit Dunkerque-Escaut einmündet. Arleux ist ein betriebsamer Binnenschifffahrts-Knotenpunkt und wir können mit viel Glück am letzten freien Liegeplatz zwischen den Frachtschiffen anlegen.

Arleux

Arleux

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Das etwas verschlafene Städtchen Arleux nennt sich auch «Hauptstadt des Knoblauchs». Tatsächlich wird hier grossflächig Knoblauch angebaut und in allen denkbaren Zubereitungen vermarktet. Am intensivsten schmeckt der geräucherte Knoblauch.

Knoblauch in der Räucherkammer

Knoblauch in der Räucherkammer

Nach dem Räuchern wird der Knoblauch zu Zöpfen geflochten und so verkauft. Auch an uns, weshalb Kinette für die nächsten Wochen garantiert vor Vampiren geschützt sein wird!

Der Knoblauch wird zu Zöpfen geflochten

Der Knoblauch wird zu Zöpfen geflochten

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Von Arleux aus bieten sich zwei Wasserwege nach Süden an: Der hauptsächlich von Freizeitschiffen befahrene Canal de St Quentin mit seinen kleinen Schleusen, also 38.5 x 5.10 Meter oder dann der hauptsächlich vom Berufsverkehr benützte Canal du Nord mit seinem etwas exotischen Schleusenmass von 91 x 5.70 m.

Wir entscheiden uns für den Canal du Nord, denn wir wollen zügig vorwärts kommen. Das kommen wir auch. Auf den vom Berufsverkehr frequentierten Wasserwegen werden wir wie ein Berufsschiff behandelt, sodass wir in einem einzigen Fahrtag nach 12 Schleusen und einem Tunnel in Péronne anlegen können.

Im Tunnel von Ruyolcourt

Im Tunnel von Ruyolcourt

Péronne an der Somme war im Ersten Weltkrieg Schauplatz blutiger Schlachten und noch heute pilgern die britischen, neuseeländischen und australischen Nachfahren der hier beerdigten Soldaten an die endlos erscheinenden Soldatenfriedhöfe.

In Péronne machen Rebecca Mater und Michel Lange mit ihrer «t’Majeur» hinter uns fest.

Die «'t Majeur»

Die «’t Majeur»

Sie haben die Somme befahren und schwärmen dermassen von diesem idyllischen Fluss, dass wir ihn in unser Programm für die Zukunft aufnehmen. Wir fahren gemeinsam bis St Christ-Briost, einem kleinen Dorf an der Somme, das vom Forellenfischer-Tourismus lebt. Die Abende verbringen wir abwechslungsweise auf unserem oder dem Materschen/Langeschen Schiff und tauschen unsere Erfahrungen aus.

Saint Christ-Briost

Saint Christ-Briost

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Auf der Weiterfahrt gesellen sich Ali und Colin Stone, ein pensionierter britischer Navy-Offizier zu uns. Sie fahren den holländischen Neubau «Kei».

Am Quai des «port public» von Noyon

Am Quai des «port public» von Noyon

In Noyon, unserem nächsten Halt, will Christian mit der Stichsäge ein Brettchen sägen und es gelingt ihm dabei beinahe, seinen rechten Mittelfinger zu spalten. Aber da die Stichsägen auch nicht mehr sind, was sie einmal waren, bleibt es beim Versuch. Immerhin beschert es ihm eine Sightseeing-Tour durch Noyon mit der Ambulanz (mit Blaulicht, das lassen sich die Sapeurs-Pompiers nicht nehmen!) und einen kurzen Aufenthalt im Spital. Aber es sieht viel dramatischer aus, als es ist, tut zwar höllisch weh und blutet fröhlich, aber die Verletzung ist nicht wirklich gravierend. Wie haben wir früher gesungen, als wir noch eine richtige Landeshymne hatten? «Schmerz uns ein Spott!»

Werkbank. Ambulanz. Mehr muss man dazu nicht sagen...

Werkbank. Ambulanz. Mehr muss man dazu nicht sagen…

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Mit einem dick eingebundenen Kapitänsfinger erreichen wir Compiègne, eine höchst geschichtsträchtige Stadt. Hier hatten wir jeweils nur kurz angelegt, um beim Bunkerschiff der Firma Guerdin Diesel zu bunkern und Ersatzteile einzukaufen.

Zusammen mit «Kei» in Compiègne

Zusammen mit «Kei» in Compiègne

Dieses Mal wollen wir den berühmten Waffenstillstands-Eisenbahnwagen, die «Clairière de l’armistice» besuchen sowie den kaiserlichen «Palais de Compiègne» mit seinem «Musée de voitures», einem Kutschen-, Fahrrad- und Automobilmuseum. Ein Aufenthalt, der sich auf jeden Fall lohnt.

Das Stadthaus von Compiègne

Das Stadthaus von Compiègne

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Von Compiègne fahren wir auf der Oise flussabwärts nach Pontoise. Von Ali und Colin Stone, die jetzt einen Tag hinter uns fahren, wissen wir, dass Margaret O’Gorman und Philipp Allen mit ihrer «Avalon» dort liegen.

Mit der «Avalon» in Pontoise

Mit der «Avalon» in Pontoise

Sie sind, wie Ali und Colin Stone und wir auch, Mitglieder der Dutch Barge Association, und wir waren gemeinsam an den DBA-Treffen in Paray le Monial, Paris und Namur. Wir vereinbaren einen gemeinsamen Grillabend, sobald «Kei» auch eingetroffen ist. Es wird sehr spannend, denn über Pontoise braut sich ein fürchterliches Gewitter zusammen.

Ein Gewittersturm braut sich zusammen

Ein Gewittersturm braut sich zusammen

Wir lassen uns nicht verdriessen, werfen den Grill trotzdem an, geniessen den Abend auf Deck und nachher, aus dem Schutz des Steuerhauses der «Avalon», das Naturschauspiel eines in der Tat entfesselten Gewitters.

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Während «Avalon» und «Kei» in Pontoise bleiben, laufen wir am folgenden Tag aus. Wir haben ein ehrgeiziges Programm. Bis Paris sind es 88 Flusskilometer auf der Oise stromabwärts bis Conflans Sainte Honorine und dann stromaufwärts auf der Seine nach Paris. Wir wollen das in einem Stück schaffen – und wir schaffen es – nach einem zehnstündigen Fahrtag – auch.

Wir laufen in Paris ein

Wir laufen in Paris ein

Bilder von der Oise, der Seine und Paris haben wir schon jede Menge auf unserer Homepage. Aber das Bild, das sich uns beim Einlaufen in Paris bietet, ersparen wir Ihnen nicht. Es ist einfach immer wieder schön! Was für ein grossartiges Gefühl, auf eigenem Kiel in Paris einzulaufen!

Vorbei an Notre Dame

Vorbei an Notre Dame

Aber wir wollen es nicht bei diesem Postkarten-Föteli bewenden lassen. Geniessen Sie mit uns ein paar besonders bemerkenswerte Boote und Schiffe, die wir auf der Fahrt nach Paris am Ufer sehen.

Auch so kann man wohnen

Auch so kann man wohnen

Der Vorteil von Holz: Es schwimmt immer...

Der Vorteil von Holz: Es schwimmt immer…

Wohnwagen oder Schiff?

Wohnwagen oder Schiff?

Ich war auch einmal ein Schiff

Ich war auch einmal ein Schiff

Und damit wir noch mit einem richtigen Schiff abschliessen: Die «Baron de l’Écluse», die einer Basler Eignergemeinschaft gehört, auf der Fahrt durch den Port Paris Arsenal.

Baron de l'Écluse

Baron de l’Écluse

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Aus dem Logbuch

  • Arleux. Anlegemöglichkeiten an beiden Ufern vor der ersten Schleuse des Canal du Nord. Nicht empfehlenswert für Jachten, die Poller sind zu weit auseinander und Häringe werden vom Sog der vorbeifahrenden Frachtschiffe ausgerissen. Im Städtchen Bäcker, Metzger, Hofläden von Knoblauch-Produzenten. In Velodistanz grosser Supermarkt.
  • Péronne. Kleiner Jachthafen mit allen Einrichtungen. Grössere Schiffe machen am Quai der Berufsschifffahrt fest. Péronne bietet alles, was eine kleinere Stadt an Einkaufsmöglichkeiten bieten kann.
  • St Christ-Briost. Sogenannter «gare à bateaux». Idyllischer Liegeplatz. Kein Elektrisch, aber Wasser. Das Dorf ist ein Fischermekka, hat aber keinerlei Einkaufsmöglichkeiten.
  • Noyon. «Port public» vor dem Getreide-Silo der landwirtschaftlichen Genossenschaft. 20 Minuten mit dem Velo ins Zentrum von Noyon und fünf Minuten mit der Ambulanz…
  • Compiègne. Kleiner Jachthafen für Jachten bis 15 m. Sonst mehrere Anlegemöglichkeiten am Quai beim Parkplatz. Bunkerschiff der Firma Max Guerdin (roter und weisser Diesel). Grosses Verkaufsgeschäft für Schiffszubehör. Mehrere Museen. Sehenswert ist der Eisenbahnwagen, in welchem 1918 der Waffenstillstand nach dem WK I geschlossen wurde und Hitler den geschlagenen Franzosen 1940 die Bedingungen für die faktische Kapitulation diktierte.
  • Creil. Gute Liegemöglichkeiten am linken Ufer ohne Wasser und Elektrisch. Gute Einkaufsmöglichkeiten, aber als Stadt wenig attraktiv.
  • Pontoise. Lange, solide Pontons mit Wasser und Elektrisch. Waren bei unserem Aufenthalt noch nicht in Betrieb. Gute Einkaufsmöglichkeiten. Die Stadt will offensichtlich den Bootstourismus entwickeln. Im Auge behalten!
  • Paris Arsenal. Sehr teurer Hafen am Beginn des Canal St Martin direkt bei der Métro-Station Bastille (in der Saison bezahlen Schiffe unserer Länge pro Nacht 76.80 Euro inkl. Strom und Wasser). Duschen, Toiletten, Waschgelegenheit. Nachts geschlossen und durch Hundeführer bewacht. Im übrigen bietet Paris alles, aber wirklich alles. Aber das wissen Sie ja bereits!

Ein Gedanke zu „Bericht 76, August 2011

  1. Hallo, wir wünschen allen lieben Schweizern viel Glück, Erfolg, Lebensfreude, beste Gesundheit und das die Menschen glücklich sind oder werden. Menschen sollten nicht nur Ihr Leben träumen, sondern auch die schönen Dinge des Lebens genießen u. erleben.
    Mit schönen grüße aus dem Westerwald…

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