Bericht 113, Juli/August 2015

Teupitzer See

In den Teupitzer Gewässern

In den Teupitzer Gewässern

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Wir haben am Ende des letzten Berichts erwähnt, wir würden unser Schiff «einige Zeit» im Teupitzer See südöstlich von Berlin liegen lassen, um unsere Enkel in der Schweiz zu besuchen. Aus «einige Zeit» sind zwei Monate geworden und wir durften erst wieder aufs Schiff zurückkehren, nachdem wir unserer ältesten – mittlerweile 4¾ Jahre alten – Enkelin hoch und heilig versprochen hatten, sie dürfe in den Kindergarten-Herbstferien ohne Eltern und ohne den kleineren Bruder zu uns aufs Schiff kommen. Über unsere Erfahrungen und Ratschläge zum Thema «Kinder an Bord» werden wir dannzumal berichten.

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Die zur Badeinsel umfunktionierte Kinette

Die zur Badeinsel umfunktionierte Kinette

Eigentlich sind wir ja zum Fahren aufs Schiff zurückgekehrt. Eigentlich.

Aber erstens ist es seit Wochen zwar traumhaftes, aber zum Fahren für uns zu heisses Sommerwetter – kein Tag unter 30° C! – und zweitens steht uns ein ebenso traumhafter Liegeplatz im idyllischen Teupitzer See zur Verfügung. Der Liegeplatz gehört zum Wochenend-Haus unserer Berliner Freunde Arthur und Gerlinde. Sie sind den ganzen Monat auf Verwandtenbesuch in England und Schottland, das übrigens den kältesten und nassesten Sommer seit 30 Jahren erlebt… Als Gegenleistung hüten wir Haus und Hof und begiessen die dürstenden Blumen sowie den gepflegten Rasen.

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Wir sind uns dankbar bewusst, dass wir äusserst privilegiert sind und zwar selbst gegenüber den Eigentümern der umliegenden Wochenendhäuser. Während sie durch ihre Rasenflächen bis zum See gehen müssen, können wir direkt von unserem Schiff ins Wasser springen. Näher geht es nicht!

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Dass es viel zu heiss ist, um in der Weltgeschichte herumzufahren, kommt uns gerade zupass. Die gesundheitlichen Reparaturarbeiten, die in den vergangenen Monaten an uns vorgenommen wurden, sowie die zwei Monate Enkel-Hüten haben uns mehr strapaziert, als wir wahrhaben wollten. So verbringen wir denn diese heissen Tage am Teupitzer See mit Faulenzen, Lesen, Schwimmen, ein bisschen Unterhaltsarbeiten und dem Organisieren des Winters und des nächsten Jahres.

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Unser Beiboot ist hier täglich im Einsatz. In der näheren Umgebung gibt es nämlich ausser einem Ehepaar, das selbstgezogenes Gemüse verkauft, keine Einkaufsmöglichkeiten.

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In Teupitz, das am Ufer gegenüber liegt, hatte es (bis Ende August) einen EDEKA, seither gibt es nur noch einen NETTO sowie einen Bäcker. Die Überfahrt mit unserem Beiboot und dem zufrieden schnurrenden 2.5-PS-Motörchen dauert exakt 12 Minuten.

Das Städtchen Teupitz

Das Städtchen Teupitz

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In Töpchin, einem etwa fünf Kilometer entfernten Dorf, ist der Hofladen jeden Samstag offen. Hier gibt es Fleisch von Galloway-Rindern und von Kräuterschweinen, hausgemachte Würste sowie Fleischkonserven aus eigener Produktion. Die Auswahl ist allerdings nicht berauschend. Von den Galloway-Rindern gibt es nur Steaks und Würste. Was mit dem Rest der Rinder passiert, haben wir noch nicht herausgefunden.

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Pulverturm und Römertor in Mittenwalde

Pulverturm und Römertor in Mittenwalde

Ist man mit dem Fahrrad unterwegs, so kommt man auf dem Weg von Teupitz nach Königs Wusterhausen in Mittenwalde vorbei. Das schmucke Städtchen hat Krieg und DDR-Zeit äusserlich unbeschadet überstanden – auch das Kopfsteinpflaster, das uns als Radfahrer zum Absteigen veranlasst…

Wirtshausschild in Mittenwalde

Wirtshausschild in Mittenwalde

Von hier nach Königs Wusterhausen (von den Einheimischen nur kurz «KW» genannt) führt der verträumte Nottekanal, der mit kleinen Motorbooten und Kanus befahrbar ist.

Der Nottekanal

Der Nottekanal

Dem Nottekanal entlang führt ein Radweg im Schatten mächtiger alter Bäume. Diesen Schatten weiss man bei der gegenwärtigen Hitze sehr zu schätzen!

Radweg entlang dem Nottekanal

Radweg entlang dem Nottekanal

Dieser Radweg führt ins Zentrum von Königs Wusterhausen, wo wir bei Fahrrad König (schweizerische Flyer-)E-Bikes gemietet haben.

Bei Fahrrad König in Königs Wusterhausen

Bei Fahrrad König in Königs Wusterhausen

Damit haben wir unseren Aktionsradius merklich erweitert, sodass wir auch so verträumte und etwas abgelegene Orte wie Märkisch-Buchholz mit seinem Kaskadenwehr und der dazugehörenden Bootsschleppe besuchen können.

Kaskadenwehr in Märkisch-Buchholz am Dahme Umflutkanal

Kaskadenwehr in Märkisch-Buchholz am Dahme Umflutkanal

Bootsschleppe in Märkisch Buchholz

Bootsschleppe in Märkisch Buchholz

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Den Spreewald kennt man ausserhalb Deutschlands allenfalls von den Spreewaldkrimis im Fernsehen und, wenn’s hoch kommt, noch von den Spreewaldgurken. Wir waren im Herbst vor zwei Jahren erstmals mit dem Auto dort und hatten ein Kanu gemietet. Jetzt sind wir die rund 65 Kilometer mit den Fahrrädern in den Spreewald gefahren, nach Lübben.

Beschauliche Kahnfahrten im Spreewald

Beschauliche Kahnfahrten im Spreewald

Der Spreewald ist eine eindrückliche Wald- und Wasserlandschaft, ein Biosphärenreservat, wo sich die Spree in ein Netz von 300 Fliessen – insgesamt rund 1000 Kilometer Wasserläufe! – verzweigt. Entsprechend ist hier die touristische Infrastruktur sehr gut. An jedem Wasserlauf kann man Kanus mieten oder Wald und Wasser als Passagier einer Kahnfahrt erleben. Das weiter südlich an den Spreewald anschliessende Lausitzer Seenland ist dann allerdings touristisches Neuland. An vielen Orten fühlt man sich noch in die Zeit der DDR zurückversetzt.

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Innerhalb unseres E-Bike-Aktionsradius’ liegt Wünsdorf, bis 1994 eine Garnisonstadt der in der DDR stationierten Sowjetarmee. Die Kasernenanlagen, in denen mehrere tausend sowjetische Soldaten und Offiziere mit ihren Ehefrauen lebten, stehen heute leer und zerfallen langsam. Neuerdings ist die Rede davon, sie als Flüchtlingsunterkünfte wieder herzurichten.

Ehemalige Kasernen der Sowjetarmee

Ehemalige Kasernen der Sowjetarmee

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Die Strasse von Töpchin nach Wünsdorf führt kilometerlang durch Wald und durfte bis 1994 nur von den Sowjets benützt werden. Das gesamte Waldgebiet war Truppenübungsplatz, Eine Kriegsgräberstätte aus dem Ersten Weltkrieg, die sich in diesem Waldgebiet befindet, wurde nicht geschont.

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Nach dem Abzug der Sowjets wurden die Grabsteine und Denkmäler, soweit noch erkennbar und vorhanden, wieder hergerichtet. Dieser Soldatenfriedhof ist insofern aussergewöhnlich, als sich Gräber von Soldaten aus dem ganzen britischen Commonwealth darauf befinden. Es handelt sich um Kriegsgefangene, welche die Gefangenschaft im nahen Wünsdorf nicht überlebt hatten.

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Das Nadelöhr auf den Teupitzer Gewässern ist die kleine Hubbrücke von Gross Köris. Sie wird tagein tagaus pünktlich zur vollen Stunde bedient und zwar durchgehend von 08:00 bis 19:00 Uhr – immer vom selben Brückenwärter!

Bernd Acker, der Brückenwärter der Hubbrücke von Gross Köris

Bernd Acker, der Brückenwärter der Hubbrücke von Gross Köris

Ferien hat Bernd Acker erst wieder im Winter…

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In Teupitz steht eine hübsche kleine Kirche mit einer ebenso hübschen kleinen Orgel. In eine Aussenmauer der Kirche ist eine Grabplatte eingemauert, deren Inschrift so anrührend ist, dass wir sie Ihnen nicht vorenthalten wollen.

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Hier ruhen die Gebeine
der weyland
HochEdlen und Tugendbegabten Frauen
Margaretha Westphal
welche
von Christlichen Eltern
Hermann Baring Ältermann und
Postmeister
und Adelheid Schuhmachers in Bremen
den 26. Juni 1688 gebohren
mit Hr. Carl Friedrich Westphal
Königl. Preüss. Oberamtmann den 10. July 1711
in Berlin verehelicht
in dieser mit 5 Söhnen und 5 Töchtern gesegneten Ehe
vergnügt gelebet
den 9. Decembr 1725 selig im Herrn entschlaffen
Einer
Gottsfürchtigen Christin, lieben HausFrauen
Sorgfaltigen Kinder-Mutter und treuen Gehülffin in Lieb
und Tod hat dieses Ehren-Gedächtniss
aus schuldiger Pflicht setzen lassen obbenannter betrübter Wittwer
Gedenckspruch
Der Seelig verstorbenen
Habe deine Lust am Hern der wird dir geben was
dein Hertz wünschet Befiehl dem Herrn
deine Wege, und hoffe auf Jhn, Er
wird’s wol machen. 37. Ps v. 4.5.

Margaretha Westphal war demzufolge 14 Jahre lang verheiratet, gebar in dieser Zeit 10 Kinder und verstarb im Alter von 37 Jahren. Das war für die damalige Zeit wohl kein aussergewöhnliches Frauenschicksal…

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Während unseres Aufenthaltes im Teupitzer See haben wir uns mit der Familie Kaubisch angefreundet. Hans-Joachim Kaubisch betreibt den kleinen Yachthafen und vermietet Boote sowie Baumaschinen. In der Saison räuchert er in seinem Räucherofen im Hafen täglich Forellen. Weil er das Räuchern perfekt beherrscht, sind die Fische jeweils im Nu ausverkauft.

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Seine Frau Sandra erledigt die Büroarbeiten, die beiden Kinder Maximilian (9) und Maja (5) gehen zur Schule resp. in den Kindergarten. Sie sind am See aufgewachsen und – wen wundert’s? – schwimmen beide wie Fische. Maximilian verfügt über ein für sein Alter erstaunliches technisches Verständnis und kann mit Boot und Aussenbordmotor bereits bestens umgehen.

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Eines Nachmittags fahren wir mit Kinette – die Kaubischs an Bord – über den Teupitzer See ans andere Ufer zum Hause Kaubisch. Unter den wachsamen Augen des Kapitäns steuert Maximilian Kinette über den See und legt sanft am Steg vor dem Haus an. Das hat wirklich Spass gemacht!

Charlotte, Sandra Kaubisch, Christian und Maja Kaubisch

Charlotte, Sandra Kaubisch, Christian und Maja Kaubisch

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Der Herbst beginnt

Der Herbst beginnt

Noch liegen wir im Teupitzer See, noch geniessen wir unsere private Badeinsel namens Kinette und noch unternehmen wir ausgedehnte Entdeckungstouren per Fahrrad. «Noch», weil mit dem 1. September meteorologisch gesehen der Herbst beginnt und weil der rasch fallende Barometer ein Ende des stabilen Sommerwetters ankündigt. Noch ein letzter Vollmond über dem Teupitzer See, dann wird es Zeit, die Anker zu lichten, um gemächlich nach Berlin zu tuckern, wo wir unsere Enkelin an Bord nehmen werden.

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Aus dem Logbuch

  • Prieros. An der Verzweigung der Dahme und der Teupitzer Gewässer liegt die Bootswerft Wendisch. Der Familienbetrieb gilt als Geheimtipp für Eigner gepflegter Yachten, welche ein sicheres Trocken-Winterlager suchen: Bootskräne bis 30 Tonnen, Zufahrt bis 1.4 Meter Tiefgang. Grosses, eingezäuntes Gelände. Telefon 0049.(0)33768 5 02 56
    113_logbuch
  • Teupitz. Kleiner, gepflegter Yachthafen mit Stromanschluss, Wasser, Toiletten und Dusche. Kostenpflichtig (1 m/1 Euro). Reservation beim freundlichen Hafenmeister Hans-Joachim Kaubisch ist empfehlenswert: Telefon 0049 (0)172 38 57 485. Zum Hafen gehört ein Restaurant mit lokaler Küche. Im Ort Bäcker, Apotheke, Eisdiele, DHL-Ablage, Optiker und Sparkasse mit Geldautomat. Etwas ausserhalb Supermarkt (NETTO).

4 Gedanken zu „Bericht 113, Juli/August 2015

  1. Schön, dass Sie endlich wieder an Bord sind. Fast jeden Tag habe ich nachgeschaut, ob es etwas Neues von den Hubers gibt und in der Zwischenzeit die alten Reiseberichte ein zweites Mal gelesen.
    Ich wünsche Ihnen und der gesamten Familie noch eine schöne Zeit am und auf dem Wasser!

    Micha aus Doppel-D

  2. Hallo aus Teupitz,

    lieber Christian Huber und Frau Charlotte Huber, ich habe Sie heute im Berliner Fernsehen gesehen, und es war mir eine Freude! Wir hatten uns nur ganz kurz in der Nähe von Teupitz, als Sie dort vor Anker waren, kennengelernt,(ich war mit Rad, Sie auch) Ich schreibe eigentlich nur deshalb, dass ich Ihnen alles Gute wünschen möchte und „immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel“. Ihre Art zu Leben gefällt uns und wir werden weiterhin auf Ihrer „Seite“ verbringen. Renate und Wolfgang

  3. Vielen Dank für die umfangreichen FAQ, deren Informationsgehalt ganz offensichtlich auf jahrelanger Praxis auf europäischen Wasserstrassen fusst. Es schwirrt mir der Kopf, habe mir das ganze weniger komplex vorgestellt. Verbrachte wunderbare Wochen auf dem Canal de Bourgogne (als Greenhorn) und in der Meckl. Seenplatte. Die Bootleute sind ein spezieller, sympath. Schlag, und das Wahrnehmen des Landes von versteckten Wasseradern aus brachten mich auf die Idee eines Lebens im Hausboot, es liess mich nicht mehr los. Nun muss ich mal zwei Schritte zurücktreten… Thanks anyway, bravo, und weiterhin gutes Gelingen.

  4. Hallo Huber’s, unsere von euch inspirierte Reise auf den Berliner Gewässern war ein voller Erfolg. Die neun Tage in Bad Saarow haben wir genossen. Bis zuletzt konnten wir das herrliche Wetter geniessen. Das Schiff ist jetzt in Prieros im Winterlager und wir haben per Einweg-Automiete die Heimreise via Berlin, Weimar und Allgäu angetreten. Jetzt geniessen wir den Bodensee. Alles Gute euch beiden.

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