Bericht 139, Juli 2017

Bremen – Verden – Nienburg – Minden

(Unterweser, Mittelweser, Aller, Mittelweser, Mittellandkanal; 153.5 km; 8 Schleusen)

Bremen – Minden (Karte ©PC Navigo)

Bremen – Minden (Karte ©PC Navigo)

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Wir liegen in Bremen im Europahafen wie in Abrahams Schoss, während sich orkanartige Stürme, schwere Gewitter und heftige Regenfälle über der Region austoben. Aber diese Wetterkapriolen können uns nichts anhaben, denn Kinette dümpelt unbeeindruckt auf dem Wasser. Das ist der unschlagbare Vorteil der christlichen Schifffahrt: Man schwimmt obenauf. Hoffentlich.

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Corina Metschke kommt an Bord

Corina Metschke kommt an Bord

Auslaufen aus dem Europahafen

Auslaufen aus dem Europahafen

Aber nicht nur Kinette dümpelt, auch die Tage in Bremen dümpeln vor sich hin, selbst wenn sie ausgefüllt sind mit Museumsbesuchen, Kirch­turm­besteigungen, Schnaps­bren­ne­rei­en und Silber­manu­fakturen. Irgendwann ist ausgedümpelt und es zieht uns weiter die Mittelweser hinauf nach Minden. Am 1. Juli laufen wir aus dem Europahafen aus und biegen hart über Backbord auf die Unterweser ein. Diese ist hier noch See­schiff­fahrt­strasse, weshalb wir einen entsprechenden Patentinhaber benötigen. In unserem Falle ist es eine Patentinhaberin, nämlich Corina Metschke. Sie ist wie wir Mitglied der DTMV, Binnenschifferin in der dritten Generation und arbeitet als Nautikerin beim Wasser­strassen- und Schiff­fahrts­amt Verden.

Die Eisenbahnbrücke in Bremen

Die Eisenbahnbrücke in Bremen

Eigentlich wäre Corinas Aufgabe bereits bei der Eisen­bahn­brücke Bremen beendet gewesen, denn ab dort ist die Weser Binnen­schiff­fahrt­strasse und auf solchen gilt Christians Kapitänspatent. Als kleines Kuriosum am Rande: Bestandene Hoch­see­kapitäne dürfen mit ihrem Patent auf Binnen­schiff­fahrt­strassen nicht fahren, nur auf See­schiff­fahrt­strassen und auf hoher See.

Grenze zwischen Seeschifffahrts- und Binnenschifffahrtstrasse

Grenze zwischen Seeschifffahrts- und Binnenschifffahrtstrasse

Am Stadion von Werder Bremen vorbei

Am Stadion von Werder Bremen vorbei

Die Weserschleuse Hermelingen oberhalb Bremen

Die Weserschleuse Hermelingen oberhalb Bremen

Die Weserschleuse Hermelingen

Die Weserschleuse Hermelingen

Aber Corina und ihr Partner Thomas Waldtmann lassen es sich nicht nehmen, mit uns auf der idylli­schen Mittel­weser – die nicht strecken­patent­pflichtig ist – weiter stromaufwärts mitzufahren. Nach rund fünf Stunden Fahrt biegen wir in die Aller ein, auf welcher wir gegen muntere Strömung einige Kilometer zu Berg fahren. In Verden finden wir einen Liegeplatz, wo wir die Nacht verbringen.

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Verden

Verden

Gott schütze dieses Haus vor Not und Feuer, Stadtplanung und Steuer (Verden)

Gott schütze dieses Haus vor Not und Feuer, Stadtplanung und Steuer (Verden)

Dombezirk in Verden

Dombezirk in Verden

Verden

Verden

Verden ist ein beinahe übertrieben sauber herausgeputztes Städtchen und gilt als wichtiges Zentrum der Zucht von Hannoveraner Pferden. Ein dominantes Gebäude ist der Dom, der auf das 9. Jahrhundert zurück geht.

Verden

Verden

Corina Metschke am Steuer von Kinette

Corina Metschke am Steuer von Kinette

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Auf der Aller zu Tal

Auf der Aller zu Tal

Am folgenden Tag fahren wir zuerst ein Stück zurück, nämlich die Aller zu Tal bis sie in die Mittel­weser mündet und dann gegen die sanfte Strömung zu Berg.

Mündung der Aller in die Mittelweser (Foto: Corina Metschke)

Mündung der Aller in die Mittelweser (Foto: Corina Metschke)

Die Mittelweser ist hier kurvenreich und einige Biegungen sind so eng, dass ein Be­geg­nungs­ver­bot gilt. Vor den entsprechend ausgeschilderten Strecken meldet man sich am Funk und spricht sich mit all­fälli­gen Tal­fahrern – welche vorfahrts­berechtigt sind – ab.

Begegnungsverbot auf der Mittelweser

Begegnungsverbot auf der Mittelweser

Auf Strömungsgewässern ist der Aussenbogen bei der Talfahrt am schnellsten, während auf dem Innenbogen für den Berg­fahrer am wenigsten Gegenströmung herrscht. In (stromabwärts gesehen) Rechtskurven fährt der Talfahrer daher auf der linken, der Berg­fahrer auf der rechten Seite. Dieser «Linksverkehr» wird jeweils mit dem Hochklappen der Blauen Tafel mit Blinklicht angezeigt.

Blaue Tafel mit Blinklicht: Linksverkehr

Blaue Tafel mit Blinklicht: Linksverkehr

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Zwischenhalt in Hoya

Zwischenhalt in Hoya

In Nienburg machen wir einen kleinen Zwischenhalt und besichtigen die dort liegende «Ahoy» von Corina Metschke und Thomas Waldtmann. Die 1892 als Dampfschlepper in Bydgoszcz (Polen) gebaute «Ahoy» blickt auf eine wechselvolle und abenteuerliche Geschichte zurück. Corina und Thomas haben die «Ahoy» liebevoll restauriert.

Die «Ahoy» von Corina Metschke und Thomas Salzmann

Die «Ahoy» von Corina Metschke und Thomas Salzmann

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Auf einem sanft strömenden Fluss in idyllischer Landschaft unter dem beruhigendem Stampfen des Schiffsdiesels zu fahren, ist eines der schönsten Erlebnisse, welches die Binnenschifffahrt zu bieten hat, zumindest in unseren Augen. Auch an diesem zweiten Tag fährt Thomas Waldtmann mit, der diese Flussfahrt offensichtlich so geniesst wie wir.

Auf der Weser zu Berg (Foto: Corina Metschke)

Auf der Weser zu Berg (Foto: Corina Metschke)

Auf der Weser zu Berg (Foto: Corina Metschke)

Auf der Weser zu Berg (Foto: Corina Metschke)

Auf der Weser zu Berg (Foto: Corina Metschke)

Auf der Weser zu Berg (Foto: Corina Metschke)

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Thomas Salzmann am Steuer

Thomas Waldtmann am Steuer

Margrit und Jürg Haupt haben uns auf Marinetraffic gesehen und Position bezogen

Margrit und Jürg Haupt haben uns auf Marinetraffic gesehen und Position bezogen

Margrit und Jürg Haupt, Corina Metschke und Thomas Salzmann beim Apéro

Margrit und Jürg Haupt, Corina Metschke und Thomas Waldtmann beim Apéro

Unsere nächste Station ist Nienburg und dort erwarten uns Margrit und Jürg Haupt. Sie haben in Sneek ihre Motoryacht «Moule» verkauft, sind auf der Rückfahrt in die Schweiz und haben uns auf Marinetraffic gesehen. Wir verbringen zusammen einen gemütlichen Abend im «Ratskeller» zu Nienburg, den man allerdings – kulinarisch betrachtet – am besten sofort wieder vergisst. Wenn hinter einem Gasthof eine «Betriebs-GmbH» steht, darf man nichts Besseres erwarten.

Nienburg

Nienburg

Brunnen «Die Spargelverkäufer» in Nienburg

Brunnen «Die Spargelverkäufer» in Nienburg

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Von Nienburg aus fahren wir bis ins Oberwasser der Schleuse Petershagen, wo wir die dritte Nacht auf der Mittelweser verbringen.

Begegnung auf der Mittelweser

Begegnung auf der Mittelweser

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Im Unterwasser der Mindener Schachtschleuse

Im Unterwasser der Mindener Schachtschleuse

Von hier aus sind es nur noch rund fünfzehn Kilometer bis zur Schachtschleuse von Minden. Die Schachtschleuse mit einem beeindruckenden Hub von 13,5 Metern wurde in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg mit dem Mittellandkanal beim Wasserstrassenkreuz Minden gebaut als Nordabstieg zur Weser. Die Schleusenkammer ist 85 Meter lang und 10 Meter breit.

In der Schachtschleuse Minden

In der Schachtschleuse Minden

Die Flügel zeigen an, welches der vier Sparbecken geöffnet wird

Die Flügel zeigen an, welches der vier Sparbecken geöffnet wird

Vier Sparbecken auf unterschiedlichem Niveau sorgen dafür, dass von der Füllung von 7’300 m³ beim Hinunterschleusen vom Mittellandkanal in die Weser nur 4’000 m³ in die Weser abgelassen werden.

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In Minden selbst biegen wir westlich des Wasserstrassenkreuzes hart über Steuerbord in den Mittellandkanal ein. Auf der Mittelweser gibt es praktisch keine Anlegeplätze für Schiffe unserer Grösse. Improvisieren ist angesagt: Entweder man übernachtet mit Erlaubnis des Schleusenwärters im Unter- oder Oberwasser einer Schleuse. Oder man geht in einem der zahlreichen Altarme der Mittelweser vor Anker.

In Minden hingegen sind wir, was Liegeplätze für Schiffe über zwanzig Meter Länge betrifft, wie übrigens auf dem ganzen Mittellandkanal, sozusagen im Paradies. An den beinahe unendlich langen Kaden der Berufsschiffsfahrt können wir entweder ganz am Anfang oder dann ganz am Ende anlegen und zwar völlig legal. Kleinfahrzeuge, also Schiffe unter 20 m Länge, dürfen hier ausdrücklich nicht liegen. Für sie gibt es jeweils vor und nach den Kaden der Berufsschifffahrt relativ kurze Liegeplätze.

An der Kade der Berufsschifffahrt

An der Kade der Berufsschifffahrt

Minden wird in den nächsten Tagen unser Ausgangspunkt für Exkursionen, zu Fuss, per Fahrrad, per Museumsbahn und per Fahrgastschiff in die nähere und weitere Umgebung sein. Die Themen des nächsten Berichts – Sie merken es – stehen schon fest.

Aus dem Logbuch:

  • Auf der Mittelweser gibt es wohl einige Yachthäfen für Motoryachten. Liegeplätze für grössere Schiffe gibt es praktisch nicht. Man kann mit Zustimmung des Schleusenwärters im Unter- oder Oberwasser einer Schleuse übernachten. Alternativ kann man in den idyllischen Altarmen der Weser, jeweils vor dem Schleusenkanal, vor Anker gehen.

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