Leeuwarden – Âlde Feanen – Joure – Sneek – Grou – Leeuwarden
(Friesische Gewässer; 124 Kilometer; keine Schleuse, 21 Dreh- und Hebebrücken)
In Leeuwarden kommen unsere Freunde Kuno, Christina und Lara Müller an Bord. Sie begleiten uns, seit wir mit Kinette fahren, jedes Jahr eine Woche. Dieses Jahr steht ihnen und uns – was wir noch nicht wissen können – eine Genusswoche in Friesland bevor. «Genusswoche», weil, wie sich dann herausstellt, einfach alles stimmt. Das friesische Wetter zeigt sich – mit Ausnahme eines stürmischen Regentages – von seiner allerschönsten Seite, die Hochsaison ist vorbei, die Hafenmeister und die Brückenwärter sind wieder entspannt.
Am Tag nach ihrer Ankunft erholen sich unsere Freunde von der langen Autofahrt und wir flanieren durch das auch an einem Sonntag lebendige Leeuwarden.
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Am nächsten Tag lassen wir das Kontrastprogramm zum lebhaften Leeuwarden laufen und fahren zum Nationalpark Âlde Feanen. Wir haben ihn bereits im letzten Bericht Nr. 131 beschrieben und ersparen uns (und Ihnen!) eine Wiederholung.
Zur Schönheit dieses Nationalparks sagen die Bilder einer Morgenstimmung mehr als viele Worte.
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Rund drei Stunden entfernt ist das Städtchen Joure, das man über einen kurzen Stichkanal erreicht. Joure verfügt – für uns Schweizer eher erstaunlich – über eine jahrhundertealte Uhrmachertradition. Hier werden aber keine Armbanduhren gefertigt, sondern Wand- und Standuhren sowie Barometer. Ein Besuch im Uhrenatelier von Jacob ten Hoeve ist auch dann unbedingt empfehlenswert, wenn man keine Uhr kaufen will.
Friesland und Uhren? Man sollte die Friesen nicht unterschätzen. Der friesische Wollkämmer Eise Eisinga baute 1774 bis 1781 das älteste und heute noch voll funktionsfähige Modell eines kompletten Sonnensystems. Man kann Eisingas Planetarium in Franeker heute noch besichtigen. In derselben Epoche schliffen friesische Bauern an den langen Winterabenden mit primitiven Mitteln, aber unglaublicher Geduld und Präzision, optische Linsen für Mikroskope und astronomische Geräte. Das Teylers Museum in Haarlem besitzt eine fantastische Sammlung solcher Präzisionsinstrumente.
Um Joure zu finden, braucht es nicht einmal eine Karte. Man kann buchstäblich der Nase nach fahren. In Joure röstet nämlich der Kaffee-, Tee- und Tabakkonzern Douwe Egberts Kaffee und diesen verführerischen Kaffeeduft riecht man weit herum.
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Von Joure aus führt uns eine entspannte Fahrt bei unverändert schönem Wetter nach Sneek, der friesischen Hochburg des Wassersports.
In Sneek sollte man das Schifffahrtsmuseum besuchen. Für Männer ist der Bahnhof Sneek ein Bubenparadies, beherbergt er doch eine umfangreiche Sammlung von Eisenbahnmodellen und Modelleisenbahn-Anlagen. Ist man nicht gerade abstinent, kann man auch das Geschäft von Weduwe (Witwe) Joustra besuchen, wo in fünfter Generation der «Weduwe Joustra Beerenburger», ein bekömmlicher Magenbitter, hergestellt und verkauft wird. Wie schon vor 150 Jahren, steht auch heute noch auf dem Beipackzettel: «Es ist vernünftig, etwas dieses Medikamentes einzunehmen, bevor man denkt, unpässlich zu werden».
Übrigens: Als wir vor sechs Jahren an der exakt gleichen Stelle in Sneek lagen, bezahlten wir 0.70 Euro pro Meter Schiffslänge. Jetzt sind es 1.20 Euro…
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Von Sneek aus fahren wir über das Sneekermeer und Akkrum nach Grou. Hier schalten wir einen erzwungenen Ruhetag ein. Erzwungen deshalb, weil die Wettervorhersage Sturm mit Windstärken bis acht Beaufort in Aussicht stellt. Wir vertäuen das Schiff deshalb besonders sorgfältig an einem Kopfsteg des Passantenhafens Grou, wo wir bereits vor knapp drei Wochen lagen.
Der folgende Tag ist in der Tat ein Sturmtag und wir verbringen ihn nach einem kurzen Dorfrundgang an Bord des sanft wiegenden Schiffs mit unserem Bordspiel: Mexican Train. So kann man einen Sturm beruhigt abwettern!
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Einen Tag später ist der Wind immer noch munter, aber für friesische Verhältnisse durchaus im grünen Bereich.
Wir wählen die «stehende Mast-Route» durch das Dörfchen Wergea zurück nach Leeuwarden. Hier hat unsere Reise mit unseren Freunden begonnen und hierher kehren nach einer Woche zurück. Einmal mehr ist eine Woche mit Freunden viel zu schnell vergangen!
Aus dem Logbuch:
- Leeuwarden. Leeuwarden verfügt an der Ostseite der Westerstadsgracht, der Nordseite der Zuiderstadsgracht und auf beiden der Noorderstadsgracht Seiten über insgesamt rund 300 Liegeplätze, allesamt mit Stromanschluss. Die Liegeplätze an der Westerstadsgracht dürfen nur mit Zustimmung des Hafenmeisters benützt werden, weil es der einzige feste Quai und der ‚braunen Flotte‘ (den grossen Segelschiffen) vorbehalten ist. Duschen und Toiletten im Duschengebäude am Ostufer der Westerstadsgracht. Dort wird an einem Automat (nur mit Kreditkarte!) das Liegegeld bezahlt und es kann eine Wertkarte für Strom und Wasser bezogen werden. Leeuwarden wird 2018 UNESCO-Kulturhauptstadt sein. Sehr schöne Altstadt, verführerische Einkaufsgassen. Empfehlenswert: Rundfahrt mit Elektrobooten. Alle Einkaufsmöglichkeiten (Albert Heijn, Jumbo und ALDI).
- Joure. Passantenhaven. An der Aussenseite Graskade mit Pollern. Binnenhafen mit Boxen. Strom, Wasser, Toilettengebäude. Kostenpflichtig. Joure ist ein hübsches, leicht verschlafenes Städtchen. Stammhaus des Kaffee-, Tee und Tabakkonzerns Douwe Egberts. Einkaufsmöglichkeiten (Albert Heijn, Jumbo, versch. Bäcker und Metzger). Sehenswürdigkeiten: Dorfmuseum und Puzzelmuseum. Uhrenatelier von Jacob ten Hoeve
- Sneek. Zahlreiche Jachthäfen in und um Sneek. Liegemöglichkeiten in den Stadtgrachten.
- Grou. Von der Gemeinde Leeuwarden verwaltete Yachthäfen «aan het Pikmaar», «Hellinghaven», «de Nieuwe Kade» und «aan de Sûderkade». Hafengebäude mit Duschen, Toiletten, Waschmaschine/Trockner beim Hafen «aan het Pikmaar». Strom und Wasser an den Stegen (kostenpflichtig), Liegegebühr 1 €/Meter. Einkaufsmöglichkeiten: Kleiner Poiesz-Supermarkt und, etwas versteckt, ein sehr guter Metzger. Gastrotipp: Restaurant Oostergoo. Sehr gemütliche Atmosphäre, aufmerksame und freundliche Bedienung, sehr gepflegte Küche.