Auxerre – Paris
(Yonne, Seine: 222.5 Kilometer, 43 Schleusen) Weiterlesen
(Canal de Roanne à Digoin, Canal latéral à la Loire, Canal du Nivernais; 191 Kilometer, 60 Schleusen) Weiterlesen
Die «Agulhas» ist eine gepflegte Stahljacht von 17 Meter Länge und 3.80 Meter Breite. Sie ist mit einem DAF 475 Sechszylinder bestückt. Der Rumpf ist rund 90 Jahre alt und wurde seinerzeit in den Niederlanden gebaut. Bob ist Amerikaner und pensionierter Linienpilot, seine Frau Jackie Engländerin. Weiterlesen
Ken und seine Frau Lynn sind Engländer und wohnen das ganze Jahr auf ihrer «Captain’s Lady», einem imposanten Stahlschiff von 24.94 Meter Länge und 4.86 Meter Breite. Die Geschichte, wie Ken und Lynn zu diesem Schiff kamen, ist durchaus erzählenswert. Weiterlesen
Zu unserem Exkursionsprogramm gehört auch der Besuch des grössten Viehmarktes in der Gegend, der jeden Mittwoch in Saint-Christophe-en-Brionnais stattfindet. Rund 800 Kälber, Kühe, Ochsen und Stiere der Charolais-Rasse kommen auf den Markt.
Der Handel beginnt, was für Frankreich ungewöhnlich ist, erst am Nachmittag, ab 13:30 Uhr.
Die Viehhändler, also die Käufer, tragen traditionell lange, schwarze Blusen. Zur Ausrüstung gehört ferner ein Stock, der mehreren Zwecken dient: Man kann u.a. damit das Objekt des Kaufinteresses auf seine Fleischqualität abklopfen und dann die gekaufte Kuh aus dem Gatter treiben.
Der Handel wird mit Handschlag besiegelt. Man kennt sich und man trifft sich jede Woche.
Interessanterweise wird noch in den alten französischen Francs gemarktet. Tradition und Gewohnheit sind alles. Erst wenn der Handel zustande gekommen ist, wird in Euro umgerechnet.
Die Charolais-Rasse ist eine ausgesprochene Fleischviehrasse. Teilweise sind die Tiere dermassen hochgezüchtet, dass die Kälber nur per Kaiserschnitt ans Tageslicht gebracht werden können.
Die Tiere werden aber nicht nur für den Schlachthof verkauft, sondern auch zur Zucht.
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Zurück in Roanne, sind Unterhaltsarbeiten am Schiff auf dem Programm. Das Wetter ist nass, es regnet tagelang. Das freut uns, denn jetzt werden die Speicherbecken der Kanäle gefüllt und die Schifffahrt ist auch im Herbst gesichert. Ein weiterer Trost ist, dass das Wetter in der Schweiz weitaus schlechter ist, Zürich versinkt, so erfahren wir, im Schnee.
Den mächtigen Schiffsdiesel haben wir unterhaltsmässig ziemlich im Griff, aber zwischen Getriebe und Schiffsschraube hat es einen Wellenlagerbock und zwei Kreuzgelenke, die zu schmieren und zu fetten wir uns schon seit langem vorgenommen haben. Ferner sorgt dort, wo die Schraubenwelle aus dem Rumpf austritt, eine Stopfbuchse für Dichtung. Deren Packung muss überprüft werden. Und jetzt ist doch gerade das richtige Wetter für Arbeiten im trockenen und warmen Schiffsinnern.
Die Schmiernippel der Kreuzgelenke sind gut zugänglich und stellen kein Problem dar. Einfach mit der Fettpresse solange pumpen, bis das Fett herausquillt. Der Wellenlagerbock ist schon eine etwas grössere Herausforderung.
Schmiernippel sind keine zu ersehen. Irgendwie haben wir Hemmungen, dieses Lager einfach zu öffnen. Aber wenn es unterwegs trocken laufen sollte, sähen wir ziemlich alt aus. Und gemäss Murphy’s Law wird dies unweigerlich passieren und zwar auf einer dicht befahrenen Wasserstrasse mit viel Berufsverkehr und kräftiger Strömung auf eine Brücke zu. Also ist guter Rat teuer. Kurzentschlossen schicken wir eine Mail an Piet de Bock von der Schiffswerft de Bock & Meijer, wo unser Schiff 1922 vom Grossvater des heutigen Werfteigentümers gebaut wurde. Und tatsächlich, postwendend kommt die Antwort:
Dit lager is een kogellager en heeft geen smeerpunten. Om te zien hoeveel vet erin het lager aanwezig is moeten de twee bouten van het lagerdeksel verwijderd worden. Het eventueel te gebruiken vet dient kogellagervet te zijn. Het lager mag slechts voor plm 70 % gevuld te zijn, omdat anders de warmetontwikkeling te groot wordt in het lager. Mochten er nog vragen overblijven dan horen we dit graag.
Groeten, Piet
(«Dieses Lager ist ein Kugellager und hat keine Schmierpunkte. Um zu sehen, wieviel Fett im Lager anwesend ist, müssen die beiden Bolzen vom Lagerdeckel entfernt werden. Das eventuell zu gebrauchende Fett muss Kugellagerfett sein. Das Lager darf nur zu plusminus 70% gefüllt sein, weil sonst die Wärmeentwicklung zu gross wird im Lager. Sollten noch Fragen übrig bleiben, dann hören wir dies gerne. Grüsse, Piet»). Es geht doch einfach nichts über die gute alte holländische Schiffsbautradition und eine kundenfreundliche Werft!
Nach einem kurzen Abstecher zur «Norauto Roanne», einem Fahrzeugfachgeschäft, wo es Kugellagerfett gibt, öffnen wir das Lager sorgfältig, reinigen und entfetten es, bevor wir es wieder mit frischem Fett füllen. Sind Wellenlager Ihr Hobby? Dann wird Sie die Spezifikation des Fettes interessieren: Schwedische Kugellagerfabriken (SKF) VKG 1/0.2,
Beruhigend ist, dass das Lager nicht die geringsten Verschleisserscheinungen zeigt. Dann wird alles wieder zusammengebaut. Wir haben zur Sicherheit vor der Zerlegung eine Foto gemacht, damit wir das Gehäuse nachher wieder gleich zusammenbauen. Jetzt kommt der grosse Moment, nämlich der Probelauf. Zündschlüssel ein, Startknopf drücken und aufs erste Mal springt der zuverlässige Schiffsdiesel an, nachdem er ja seit ziemlich langer Zeit nicht mehr gelaufen ist. Nach etwa 15 Minuten hat er Betriebstemperatur erreicht, also Gang hinein und Marschfahrt. Das Heckwasser schäumt und das Schiff zerrt an den Tauen. Eine halbe Stunde lang lassen wir den Motor mit 1100 Touren laufen. Zu unserer grossen Genugtuung ist das Wellenlager dicht und erhitzt sich nicht. Ein Punkt mehr, der auf unserer Aufgabenliste abgehakt werden kann.
Als nächstes ist die Stopfbuchse der Schraubenwelle an der Reihe. Wir haben, was wir offen zugeben, etwas Herzklopfen. Diese Buchse dichtet jene Stelle ab, wo die Schraubenwelle durch den Schiffsrumpf geführt wird. Tritt Wasser ein, wenn man die Dichtungspackung entfernt? Vor unserem geistigen Auge sprudelt unaufhaltsam Wasser in die Bilge und das Schiff sinkt ebenso unaufhaltsam, bis nur noch der Mast aus dem Wasser ragt… Aber der Testlauf ergibt, dass die Stopfbuchse noch vollständig dicht ist. Also warten wir zu mit dieser Operation. Wenn etwas funktioniert: Hände weg und nichts daran machen!
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Unterdessen findet hier unaufhaltsam der Frühling statt. Es zieht uns richtig hinaus zum unseemännischen Wandern. Aber das Hinterland von Roanne ist dermassen einladend, dass uns nichts drinnen hält. Auf der 25’000er-Karte haben wir eine Wanderung herausgetüftelt, Wegpunkte mit dem Koordinatensystem berechnet und die Koordinaten auf unser GPS übertragen.
Die Wanderung führt vom voralpinen Weiler Marimby bei Les Noës auf etwa 900 m hinauf zu den Bois de Marimby. Die Bezeichnung «Suisse Roannaise» ist hier nicht ganz abwegig. Man kommt sich in der Tat vor wie im Prättigau.
Je höher wir kommen, desto tiefer wird der Schnee.
Das GPS, ein Garmin 76CSx mit der topographischen Karte France 7 auf dem Chip, ist hier auf plus/minus 5 Meter genau. Wir müssen an dieser Stelle Ueli Krebser ein Kränzchen winden (Poly-Electronic Bassersdorf www.gps-shop.ch), der uns beim Kauf seriös beraten und auf dessen hervorragender Website wir bei Problemen immer eine Antwort gefunden haben. Trotz GPS ist es aber beruhigend, dass die Wanderwege hervorragend ausgeschildert sind. Wegzeichen signalisieren nicht nur den Wanderweg,…
…sondern auch diejenigen Abzweigungen, die man nicht nehmen sollte, weil man sonst die Route verlässt.
Unterwegs fällt uns im Geäst eines Baumes eine Art Nest auf, das wir nicht so richtig zuordnen können. Es ist etwa so gross wie eine Honigmelone und sieht aus wie ein riesiger Kokon, aber gibt es so grosse Raupen?
Aber französische Freunde versichern uns, dass dies der (hochgiftige) Kokon einer Raupe sei, dem Prozessionsspinner (chenille procéssionaire). Und tatsächlich begegnen wir eines Tages auf einer Wanderung einer derartigen Prozession.
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Jeden Montagnachmittag unternehmen wir mit der Wandergruppe des «Club Accueil et Amitié», dessen Mitglieder wir mittlerweile geworden sind, eine zwei- bis zweieinhalbstündige Wanderung im Umkreis von etwa 30 km um Roanne. Zusammen mit der Engländerin Celia und unseren holländischen Freunden Ton und Dickie sind wir die einzigen Ausländer. Der Club umfasst noch weitere Gruppen wie Malgruppen, Gymnastikgruppen, Sprachgruppen etc. und zählt deutlich über 100 Mitglieder. Am letzten Freitag im März ist ein Unterhaltungsnachmittag angesagt. Er beginnt mit einem opulenten Mittagessen im Gemeindesaal von Renaison. «Schlachtplatte» würde man das bei uns wohl nennen: Sauerkraut mit Würsten, Speck und Gnagi. Nicht gerade für die schlanke Linie und wohl auch nicht für den Cholesterinspiegel, aber das werden wir wieder herunterwandern!
Dann folgt der Unterhaltungsteil. So geht es wohl bei einem Altersnachmittag zu und her. Was solls – irgendwann müssen wir uns auch damit vertraut machen! Man hat uns in der Woche zuvor bedeutet, eine kleine Produktion der chers amis suisses würde wohlwollend aufgenommen. So kommt es, dass angekündigt wird, les membres suisses würden ein schweizerisches Volkslied singen. Grosses Gelächter und dann Applaus, wie wir «La haut sur la montagne» anstimmen. Der ganze Saal singt mit.
Weit übertroffen wird diese Darbietung von Charlotte und der vor lauter Temperament beinahe zerplatzenden mittlerweile 90jährige Miclaude, die zusammen «Non, je ne regrette rien» interpretieren.
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An einem leider etwas trüben und regnerischen Nachmittag ruft uns Paul, ein Lion’s-Kollege von Christian an. Ob wir Lust auf einen Rundflug mit seinem Sportflugzeug, einer amerikanischen «Maule», hätten. Selbstredend haben wir Lust und so sehen wir einmal das Roannais von oben.
Unterwegs legt Paul die Hände in den Schoss und sagt zu Christian: «Flieg Du!» Wie war das noch beim autogenen Training? «Ich bin ganz ruhig. Ich bin gaaaanz ruuuhig!» Es geht erstaunlich gut – höchstens etwas wacklig im Vergleich zur christlichen Fluss- und Kanalschifffahrt. Jedenfalls ist nicht ganz sicher auszumachen, wer dann nach geglückter Landung erleichterter ist, der Schiffs- oder der Flugkapitän!
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Viele unserer Leser gehören zur grossen Gemeinde der Mietböötler. Für sie kommt jetzt die Zeit der Vorfreude und der Törnplanung. Welche Tips können wir liefern?
Zum Fahrrevier: Jeder, der in Frankreich schon einmal Hausbootferien gemacht hat, war auf dem Canal du Midi. Und wer noch nie auf dem Canal du Midi war, kennt den Canal du Nivernais. Diese Kanäle sind daher in der Hochsaison für alle diejenigen empfehlenswert, die auch in den Ferien am liebsten Schweizer- oder noch lieber Hochdeutsch hören, im Gedränge vor den Schleusen ihre Durchsetzungsfähigkeit beweisen und am Abend im dichten Rudel irgendwo anlegen wollen. Dabei gibt es doch wunderschöne, ruhige und idyllische Kanäle und Flüsse abseits des Touristentrubels. Man muss sie nur entdecken!
Zum Fahren: Yachten bis zu 15 m Länge kann man dank Ausnahmebestimmungen in den meisten Ländern ohne Motorbootführerschein chartern. Die Vermieter weisen ihre Kunden mehr oder weniger seriös ein – ausserhalb der Hochsaison mehr und in der Hochsaison weniger. Zwar haben die meisten Yachten Lenkräder, die denen von Autos sehr ähnlich sind. Damit hört die Ähnlichkeit aber schon bald auf. Wer wie mit einem Auto rückwärts in einen Hafenplatz einparkieren will, merkt sehr schnell, was wir meinen.
Für alle Manöver, sei es beim Anlegen, beim Ablegen und beim Ein- und Ausfahren in Schleusen gelten drei Grundsätze. Erstens: Langsam. Zweitens: Langsam. Drittens: Langsam. Auch mit einer mittleren Charteryacht bewegt man nämlich mehrere Tonnen mit der entsprechenden Massenträgheit. Wer wie wild auf den Steg zufährt, muss entsprechend wild korrigieren, und wenn er das nicht rechtzeitig tut, knallt es dann ebenso wild. Wer den Schaden hat, muss in der Regel für den Spott nicht sorgen.
Wenn Sie ein Hausboot mieten, dann können ein paar Fahrstunden vor den Ferien auf einem Schweizer See auch nicht schaden. Sie müssen ja nicht gerade die Motorbootprüfung machen. Aber Sie können Ihre Ferien entspannter geniessen (und müssen nicht die Tragfähigkeit Ihrer Partnerschaft testen…), wenn Sie mit Ihrem gemieteten Hausboot einigermassen umgehen können. Und dafür sind doch Ferien eigentlich da, oder nicht?
Unter Schleusenwärtern auf einem von Touristen häufig (heim)gesuchten Kanal zirkuliert übrigens folgende hübsche Geschichte: Ein (Schweizer) Ehepaar mittleren Alters fährt mit einem Mietboot in eine offene Schleuse ein. Zu schnell und schräg. Die am Bug stehende Frau kann den Poller nicht erreichen, worauf der am Steuer stehende Ehemann zu brüllen beginnt und seine Frau coram publico zusammenstaucht. (Merke: Die Verantwortung trägt immer der Kapitän!). Während sich die Schleuse langsam füllt, verschwindet die Frau im Innern des Mietbootes und erscheint nach zehn Minuten mit dem Koffer in die Hand. Sie bittet den verständnisvoll lächelnden Schleusenwärter, ihr sofort ein Taxi zum nächsten Bahnhof zu bestellen. Das halte sie nicht mehr länger aus. Sprach’s und liess ihren verdutzten Ehemann in der Schleuse zurück.
Wenn man, beiläufig bemerkt, über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügt, so hat das eine stark disziplinierende Wirkung. Oder würden Sie es gerne hören, wenn es heissen würde: «Kännsch die beide det äne uf dem Schiff? Das sind doch s’Huebers! Weisch, dä, wonemal Regierigsrat gsi isch! Ghörsch, wie die sich aaseiched?»
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Exakt am 5. April bricht in Roanne der Frühling zum zweiten Mal über uns herein. Nach einer Reihe von garstigen, kalten und regnerischen Tagen, in denen wir lesend und spielend im warmen Salon sassen, wird es warm und freundlich. Die Ente, die uns den Winter durch das harte Brot abgenommen hat, stellt uns ihren Nachwuchs vor, zehn kleine Flaumknäuel, die höchstens zwei, drei Tage alt sind.
Wir verstehen die Botschaft und opfern ein Stück noch nicht ganz hartes Brot. Es sind nur noch wenige Tage bis Ostern und eigentlich könnten wir uns die kleinen Entchen ganz gut als Tischdekoration vorstellen… Aber dafür sind sie definitiv nicht auf die Welt gekommen!
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Ein Sonntagsausflug mit unseren holländischen Freunden Ton und Dickie führt uns nach Juré ins Restaurant Le Moulin. Die halbe Stunde Autofahrt lohnt sich: Restaurant und das dazugehörige, natürlich wassergetriebene Sägewerk sind aus einer anderen Zeit. Aber noch klappert das Wasserrad und den Strom erzeugen Säger und Gastwirt auch mit Wasser.
Zum Digestif fahren wir nach St-Haon-le-Châtel, wo uns ein weiterer Geheimtip ins alte Schloss führt. Dort erwartet uns, ziemlich versteckt, ein umwerfend gemütliches Beizli.
Hier wird absolut stilvoll ein Absinth serviert.
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Die nachösterlich anhaltende Schönwetterperiode veranlasst uns, das Steuerhausdach zu demontieren, zu schleifen und neu zu malen.
Die Steuerhäuser alter Frachtschiffe sind vielfach so konstruiert, dass sie mit relativ wenig Aufwand abgebaut werden können. Das ermöglicht die Durchfahrt auch unter ziemlich tiefen Brücken. Das einfache Baukastenprinzip erleichtert – als willkommener Nebeneffekt – die Unterhaltsarbeiten enorm.
Nach einem weitern Farbauftrag können wir das Steuerhaus-Dach und das Zeltvordach wieder montieren. Wir haben jetzt Übung im Auf- und Abbauen des Steuerhauses. Das wird uns auf dem Canal du Nivernais zugute kommen. Dort ist Kinette für einige Brücken und ein Tunnel möglicherweise zu hoch.
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Der ausgebrochene Frühling treibt die Hafengemeinschaft zu einem gemeinsamen Barbecue in Artaix, wohin sich die Einen per Schiff, die Andern per Camper und die Dritten per Auto begeben.
Wenig später hat die Hafengemeinde noch einmal Gelegenheit, eine Vollversammlung zu zelebrieren: Bill und Fran, die ihr Schiff, die «Françoise 1ère», verkauft haben, nehmen Abschied. Sie bringen das Schiff auf die Werft in St-Jean-de-Losne, wo es der neue Eigner übernehmen wird.
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Richtige Seeleute geniessen die Landschaft grundsätzlich nur vom Deck ihres Schiffes aus. Wir geben zerknirscht zu, dass wir, daran gemessen, keine richtigen Seeleute sind. Die Landschaft ist so prächtig, dass wir einfach tagelang wandern müssen, ob wir wollen oder nicht!
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Unsere Sätze beginnen immer häufiger mit «Das ist bis im November das letzte Mal, dass wir…» Zu diesen letzten Malen gehört der Freitagmarkt, wo wir im vergangenen Jahr «unsere» Händler und Produzenten gefunden haben.
Am 29. April ist es endlich soweit: Der Telefon-Landanschluss und der Landstrom werden ausgesteckt, die Leinen losgeworfen und nach einem eleganten Wendemanöver im Hafenbecken nehmen wir Kurs auf die Schleuse Nr. 1, die das Hafenbecken von Roanne vom Canal de Roanne à Digoin trennt. Mit uns an Bord sind Dominique und Fredi, ein Lehrerehepaar aus dem Zürcher Oberland.
Die Fahrsaison kann beginnen!
So schön und abwechslungsreich das Fahren auf Kanälen und Flüssen ist, so beschränkt ist dabei die Sicht auf die Umgebung. Die Sehenswürdigkeiten abseits der Wasserstrassen bleiben unentdeckt. Je länger wir unterwegs sind, desto ausgedehnter werden deshalb unsere Aufenthalte an schönen, sehenswerten oder einfach idyllischen Orten und desto mehr unternehmen wir lange Velotouren. Während unserer Winterpause in Roanne haben wir uns – worüber wir schon berichtet haben – einer französischen Wandergruppe angeschlossen. Jeden Montagnachmittag wandern wir in einem anderen Teil in der weiteren Umgebung von Roanne und entdecken auf diese Weise Wege, Stege und Dörfchen, die uns sonst verschlossen blieben.
Das touristisch praktisch nicht erschlossene, toascana-ähnliche Hinterland von Roanne wartet geradezu darauf, entdeckt zu werden. Dass man diese Gegend hier «La Suisse Roannaise» nennt, ist zwar etwas abgedroschen, aber nachvollziehbar.
Während unserer Winterpause haben wir unseren Radius noch etwas übers Wandern und Velofahren hinaus erweitert und für ein paar Monate ein Auto gemietet. Eine unserer touristischen Exkursionen führt uns ins Zentralmassiv. Die Weite und die Einsamkeit der Landschaft sind umwerfend.
Im Reiseführer lesen wir von einem Dorf namens Chaudes-Aigues, wo mit 82° Celsius die heisseste Quelle Europas entspringen soll. Das Dorf ist schnell gefunden und tatsächlich dampft es in einer kleinen Gasse vielversprechend aus einem Haus.
Eine Hinweistafel bestätigt uns, dass wir am richtigen Ort sind.
Leider ist das dann auch alles, weil die Quellfassung renoviert wird und das zur Quelle gehörende Informationszentrum geschlossen ist.
Das Dörfchen verströmt im Übrigen den Charme eines stillgelegten Bahnhofs. Irgendwie ist die Zeit an diesem Kur- und Badeörtchen vorbei gegangen.
Unsere nächste Station ist das Dorf Laguiole, im okzitanischen Dialekt als «La-yole» ausgesprochen. Es liegt auf rund auf 1000 m.ü.M im Département L’Aveyron. «Laguiole» ist in Frankreich ein Synonym für qualitativ hochstehende Messer, die man an einer stilisierten, geschmiedeten Biene auf dem Messerrücken erkennt. Diese Messer wurden hier erstmals 1829 als Allzweck-Werkzeug für Schafhirten gefertigt.
«Laguiole» ist, so lernen wir, nicht etwa ein Firmenname wie «Wenger» oder «Victorinox», sondern ein Dorf von rund 1300 Einwohnern und unzähligen ganz kleinen, mittleren und zwei grossen Messerschmieden. Allerdings haben es die Messerschmiede von Laguiole verpasst, den Namen schützen zu lassen, so dass sie sich heute mit billigen Imitationen aus China und Pakistan konfrontiert sehen, die allesamt wie richtige Laguiole-Messer aussehen, zumindest bis zum ersten Gebrauch…
Zuerst schauen wir den Messerschmieden beim Handwerker Benedikt – «Benoit l’artisan» – über die Schulter, dann besuchen wir «La Coutellerie de Laguiole», wo die Messer ganz von Hand gefertigt werden (www.layole.com). Die Produktion ist hier so organisiert, dass alle Einzelteile, auch die Klingen aus Spezialstahl (für Messerfreaks: 12 C 27) in der Messerschmiede selbst gefertigt werden, worauf jeweils ein Messerschmied ein Messer von A bis Z zusammensetzt, hämmert, anpasst, bohrt, feilt und schleift.
Weil alles Handarbeit ist, ist jedes Messer individuell und die Messerschmiede behaupten, sie könnten ohne zu Zögern erkennen, wer von ihnen ein bestimmtes Messer gemacht habe. Das wäre ja mal etwas für «Wetten, dass…»!
Jedenfalls ist Christian vom Messer, dessen Entstehung wir mitverfolgt haben, so fasziniert, dass er sich beim betreffenden Messerschmied erkundigt, ob er dieses, genau dieses Messer kaufen könne. Er kann, und der Messerschmied – wir erfahren, dass er Tristan heisst – lässt es sich nicht nehmen, noch «Christian» auf die Klinge zu gravieren.
Unser nächstes Ziel ist Bozouls, etwa 20 km nordöstlich von Rodez, ebenfalls im Département L’Aveyron. Das Dorf ist an den Abgrund einer Schlucht gebaut, welche der Dourdou, ein harmlos aussehender Fluss, in Millionen von Jahren in einer riesigen Schlaufe tief in den Felsen gefressen hat.
Diese Schlucht ist rund 800 m lang und über 100 m tief. Die Häuser, Strassen und Autos unten in der Schlucht sehen aus wie im Spielzeugland. Direkt am Abgrund klebt die aus dem 12. Jahrhundert stammende Kirche Ste-Fauste,
In Bozouls übernachten wir im Hotel «A la Route d’Argent», einem Familienbetrieb mit einer vorzüglichen Küche. Die Mutter ist am Empfang, der Vater in der Küche und die (hübsche!) Tochter serviert. All das zu einem Preis, wie man ihn nur noch in der französischen Provinz trifft.
Am nächsten Tag fahren wir wieder bis auf 1300 m Höhe, auf ein riesiges Basaltplateau namens Aubrac. Dieses Hochplateau liegt im «Dreiländereck» der Provinzen Rouergue, Auvergne und Gévaudan. Es ist der südlichste vulkanische Ausläufer des Zentralmassivs. Die grandiose, windgepeitschte Hochebene gleicht im Winter der verschneiten russischen Steppe. Er sei hier «in loco horroris et vastae solitudinis» schrieb ein römischer Dichter, in einem «Ort des Schreckens und der grenzenlosen Einsamkeit». Das gleichnamige Dorf keltischen Ursprungs – Aubrac – liegt windgeschützt in einer Geländefalte am Pilgerweg nach Santiago de Compostela. Im Winter eine beliebte Langlaufregion, im Sommer ein herrliches Wandergebiet, ist das Hochplateau jetzt im Vorfrühling einsam und verlassen.
Eine weitere Station dieses Pilgerwegs ist Nasbinal, ebenfalls ein Mekka des Skilanglaufs.
Die Geschichte des imposanten Bauwerks verliert sich im 11. Jahrhundert. Es diente ursprünglich wohl als Unterkunft für Arme, Pilger und verirrte Kaufleute. Noch heute klopfen hier Pilger an, unterwegs nach Santiago de Compostela. Roanner Freunde haben uns von der Talsperre von Grandval in der Auvergne erzählt und einer imposanten Eisenbahnbrücke, welche diese Talsperre überspannt.
In der Tat, nordöstlich von Chaudes-Aigues erstreckt sich in einer weitgehend unbesiedelten Gegend ein riesiger Stausee. Über dessen nördliches Ende spannt sich der 564 m lange Viaduc de Garabit, eine imposante Stahlkonstruktion, erbaut 1882–1884.
Den Bau leitete ein gewisser Gustave Eiffel. Dank der dabei gewonnenen Erfahrungen konnte er für die Pariser Weltausstellung von 1889 seinen berühmten, 300 m hohen Eiffelturm errichten.
Auf der Rückfahrt nach Roanne sehen wir von weitem auf einem mächtigen Basaltfelsen ein Festungsstädtchen, dessen Silhouette von den zwei massiven Türmen einer Kathedrale geprägt ist. Spontan beschliessen wir, Saint-Flour näher anzuschauen. Die Mühe lohnt sich.
Saint-Flour zählte im Mittelalter um die 7’000 Einwohner und es sind auch heute noch nicht mehr.
Manchmal scheint die Zeit stehen geblieben zu sein, wenn nicht im Mittelalter, dann doch im letzten Jahrhundert.
In der Kathedrale finden wir einen laut Reiseführer berühmten schwarzen Jesus, genannt «Beau Dieu Noir»…
…sowie zwei ausdrucksvolle Holzstatuen aus dem Mittelalter.
Dass das regionale Steueramt hierzulande in einem «Hôtel des Impôts» residiert, bringt uns dann aber wieder ins Diesseits zurück.
In der Nähe von Roanne liegt Charlieu im Tal der Sornin. Weil sich hier die Strassen kreuzen, die von der Saône zur Loire und von Lyon ins Loire-Tal führen, entstand in gallo-römischer Zeit die Siedlung Carus Locus, das heutige Charlieu.
Der Ort ist sehenswert, weil es gelang, im Laufe der Jahrhunderte die Zeugnisse der Vergangenheit zu bewahren.
Zu den erhaltenen Sehenswürdigkeiten zählt das alte Spital, das erst 1981 geschlossen wurde und heute als Museum zu besichtigen ist. Zumindest langweilig wurde es den Pflegebedürftigen in den grossen Krankensälen nicht!
Charlieu war aber auch eine Textilstadt, wo namentlich Seidenstoffe gewoben wurden. Heute werden in Frankreich nicht einmal mehr Webstühle hergestellt. Chinesischen Billigprodukten auf der einen und hochwertigen Seidenstoffen aus der Schweiz auf der anderen Seite war die örtliche Seidenindustrie nicht gewachsen. Die Webstühle und die Seidenstoffe sind daher ins Museum gewandert.
In der Kirche Saint-Philibert bewundern wir ein prachtvolles Kirchenfenster,…
…durch welches die Sonne ein buntes Muster auf den Kirchenboden zaubert.
Ob sich die Seidenweber hier ihre Inspirationen geholt haben?
Den Winter 2005/2006 hatten wir teils in der Schweiz, teils auf der Werft verbracht. In jener Zeit wohnten wir bei unseren Freunden Frits und Nell in deren umgebautem Bauernhaus.
Diesen Winter wollten wir wissen, wie wintertauglich Kinette ist. Wir blieben deshalb auf dem Schiff in Roanne. Über die dortige Schiffergemeinschaft haben wir ja schon mehrfach berichtet. Es war ein bereicherndes Erlebnis, zusammen mit Gleichgesinnten aus neun Nationen den Winter zu verbringen.
Unser Roanne-Aufenthalt wurde lediglich unterbrochen durch einige kurze «Heimatbesuche» zwecks (zahn-)ärztlicher Reparatur-, Service- und Unterhaltsarbeiten.
Diese kurzen Aufenthalte bescherten uns nebenbei einige Medienpräsenz. Am 22. Februar wurden wir vom SF DRS zu Kurt Aeschbacher eingeladen, um unter dem Titel «Sturm und Drang» über den Übergang von unserem alten zu unserem neuen Leben zu berichten. Die Sendung kann man sich via Internet auch jetzt noch zu Gemüte führen, wenn man auf der Startseite unserer Homepage zuerst «Aktuell» und dann die entsprechende Zeile anklickt. Jedenfalls war es ein lustiges Erlebnis, vor allem nach der Talkshow die fröhliche Tischrunde mit Kurt Aeschbacher, Roger Schawinski, unserem Sohn sowie weiteren Freunden und Bekannten. Christian seinerseits machte an einem SonnTalk bei TeleZüri mit und hatte noch einen kurzen Auftritt in «10 vor 10» als Experte im Swissair-Prozess.
Daneben benützten wir das prächtige Spätwinter-Vorfrühlingswetter zu ausgedehnten Wanderungen in Zürichs voralpiner Umgebung. Der Üetliberg beschenkte uns mit einer prächtigen Aussicht auf die Stadt Zürich…
…und das Hörnli mit einer nicht minder prächtigen Aussicht auf die verschneiten Alpen,…
…während auf den Weiden schon heftig die Schneeglöckchen blühten.
Auf dem Rückweg von Steg nach Pfäffikon machten wir noch einen kurzen Umweg über Hermatswil, eine idyllisch gelegene Aussenwacht von Pfäffikon. Und wer fuhr uns mit seinem Pferdegespann ins Bild, als wir noch einmal die exzellente Fernsicht festhalten wollten? Edi Hofer, unser Nachbar vor 30 Jahren, als wir jungverheiratet in einem zugigen Chalet auf 740 m.ü.M. im Tössbergland gewohnt hatten! Das gab ein Wiedersehen!
Zurück zu Kinettes Wintertauglichkeit: Dieser «Winter» war zwar nicht gerade ein Härtetest für Heizung und Isolation. Dennoch lieferte er uns einige nützliche Hinweise. Unsere neue Zentralheizung erwies sich als effizient und sparsam. Vom gefürchteten Kondenswasser blieben wir verschont, nachdem wir alle Fenster mit einem transparenten «film de survitrage» isoliert hatten.
Sowohl den wassergekühlten Generator als auch die Deckwaschanlage hatten wir mit Frostschutz winterklar gemacht und den Schiffsdiesel liessen wir etwa alle drei Wochen dreiviertel Stunden lang warmlaufen (nicht im Leerlauf und nicht im Standgas!). Wenn wir das Schiff jeweils für ein paar Tage verliessen, machten wir alle Seeventile dicht und stellten den Heizungsthermostat auf 10° Celsius ein. Wäre eine längere Frostperiode angesagt gewesen, hätten wir Toiletten, Duschen und die Wasserversorgung ebenfalls winterklar gemacht, also gegen Frost geschützt.
Von zu Hause in Pfäffikon fuhren wir nach Hause in Roanne. Unsere Schiffsnachbarn, unsere Freunde vom Lion’s Club Roanne, unsere Wanderkollegen in Renaison, der Bäcker, der Metzger, der Wein-, der Fisch-, der Gemüse- und der Käsehändler begrüssten uns wie alte Bekannte. Unser Käseladen hatte – man glaubt das kaum im Käseparadies Frankreich – grad schweizerische Wochen mit Gruyère, Fromage d’Appenzell und Jura Suisse.
Hatten wir ein bisschen Heimweh nach der Schweiz und all unseren lieben Freunden dort, so half uns der Empfang hier in Roanne darüber hinweg. Dass wir auch sprachlich schon ziemlich akklimatisiert sind, merkten wir übrigens, als wir bei einem Tagesausflug nach Charlieu im dortigen Office de Tourisme einen Stadtplan verlangten. Wurden wir früher zuhanden der Statistik immer gefragt, aus welchem Land wir kämen, so lautete die Frage diesmal, aus welchem Département wir stammten. Und sozusagen wahrheitsgetreu antworteten wir: «Nous venons du Département de la Loire».
Seit Anfangs Mai 2005 sind wir mit unserem Schiff unterwegs, leben in den Niederlanden, in Belgien und in Frankreich und kehren jeweils nur kurze Zeit in die Schweiz zurück. Es ist wie bei einem Bild: Manchmal muss man zum Betrachten ein paar Schritte zurücktreten, um es richtig zu erfassen, um Dinge zu sehen, die man aus der Nähe gar nicht gesehen hat.
Was fällt uns in der Schweiz auf? Wir greifen drei Dinge aus dem Alltag heraus: Sprache, Banken und Verkehr.
Da wir in Roanne auch ZDF empfangen können, gönnten wir uns im Ende letztes Jahr einen Abend «Wetten dass» mit Thomas Gottschalk. Einer der Stargäste war die holländische Moderatorin und Schauspielerin Linda De Mol («Traumhochzeit»). Gottschalk sprach sie auf ihren neckischen holländischen Akzent an und bat sie, die Zuschauer auf Holländisch zu begrüssen. «Goeden avond, lieve kijkers!» begann Linda De Mol. Die Niederlande sind der Schweiz punkto Emanzipation weit voraus. Gerade deshalb wäre in der Schweiz eine solche Begrüssung völlig undenkbar, Linda De Mol begrüsste nämlich die «lieben Zuschauer». In der Schweiz würde sofort ein Proteststurm losbrechen und Linda De Mol vor die versammelten Gleichstellungsbüros zitiert: Warum wurden die Zuschauerinnen nicht auch begrüsst? Antwort: Weil man in Holland holländisch (und in Frankreich französisch) spricht und nicht die lustige, politisch korrekte und geschlechtergerechte Kunstsprache, welche die Schweiz befallen hat.
Früher ist uns dieser Neusprech in der Schweiz nicht so aufgefallen, aber skurril sind sie schon, die Velo Fahrenden, die zu Fuss Gehenden, die Lehrpersonen, die Demonstrierenden und die KonsumentInnen. Und das Patientinnen- und Patientengesetz(!) eines schweizerischen Kantons, aus dem folgende Rosinen stammen, wird gewiss nie einen Preis für Schönheit oder gar Verständlichkeit erhalten:
§ 9. Die Patientinnen und Patienten haben das Recht, sich durch die eigene Seelsorgerin oder den eigenen Seelsorger betreuen zu lassen. Die Spitalseelsorge kann die Patientinnen und Patienten unaufgefordert besuchen.
§ 15 Abs. 2. Das Einverständnis für Informationen über den Gesundheitszustand an die gesetzliche Vertretung, die Bezugspersonen sowie die vorbehandelnde Ärztin oder den vorbehandelnden Arzt wird vermutet, ausser die Patientin oder der Patient äussert sich dagegen.
Dass in diesem Gesetz noch von der «Patientendokumentation» anstatt von der «Patientinnen- und Patientendokumentation» die Rede ist, dürfte den Tatbestand der Geschlechterdiskriminierung erfüllen…
Oder eine andere Trouvaille aus dem «Reglement über die Zulassung für das Studium an der Pädagogischen Hochschule Zürich»:
§ 9. Für Organisation und Durchführung der Prüfung ist das Ressort Aufnahmeverfahren zuständig. Es bestimmt die Examinatorinnen und Examinatoren sowie Expertinnen und Experten. Die Prüfungsgebühr richtet sich nach der Verordnung über die Studiengebühren an der Zürcher Fachhochschule.
Wir haben ein Bankkonto in der Schweiz, in den Niederlanden und in Frankreich. In der Schweiz haben wir seit eh und je ein Bankkonto und wir sind hier bankmässig auch am besten aufgehoben. Hier zahlen wir auch Steuern. Das niederländische Bankkonto eröffneten wir, weil wir die Rechnungen für die (niederländischen) Funkgerätelizenzen und die (niederländische) Schiffsversicherung im Lastschriftverfahren abbuchen lassen wollten, um keinesfalls wegen unserer schwierigen Erreichbarkeit in Verzug zu geraten. Ein französisches Bankkonto brauchten wir, um die Rechnungen für Telefon und Strom ebenfalls im Lastschriftverfahren abbuchen zu können (Siehe Reisebericht 22).
In der Schweiz ist man sich gewohnt, dass man am Bankschalter, das entsprechende Guthaben vorausgesetzt, Geld in beliebiger Höhe und Währung abheben und einzahlen kann. Das ist weder in den Niederlanden noch in Frankreich möglich. In den Bankfilialen haben die Angestellten, wohl als Schutz gegen Überfälle, keinen Zugriff auf Bargeld. Geld wird per Bancomat nicht nur abgehoben, sondern auch einbezahlt. Überlebt hat dafür in Frankreich das Checkheft, «le chequier». Sogar im Supermarkt hat es an jeder Kasse einen kleinen Drucker, der den Betrag in Zahlen und Worten, den Begünstigten sowie Ort und Datum automatisch druckt, sodass man nur noch unterschreiben und sich legitimieren muss.
Zur Geduldsprobe wird es, wenn im Tante-Emma-Laden, wo solche hilfreichen Druckerchen fehlen, ein altes Müetti seinen Check von A bis Z von Hand ausfüllt – aber Zeit ist hier nicht so sehr Geld, sondern Gelegenheit zu ausgiebiger Konversation. Wie sich das für die Banken rechnet, ist uns ein Rätsel, denn Spesen werden für Checks keine erhoben.
Hinter der Verkehrspolitik in den Niederlanden, Frankreich und der Schweiz stehen offensichtlich ganz unterschiedliche Konzepte.
In den Niederlanden wird alles unternommen, damit der motorisierte Verkehr die Autobahnen benützt. Diese sind bis zu fünfspurig angelegt. Alle übrigen Strassen sind derart grosszügig mit allen erdenklichen Arten von Schwellen und Spurverengungen bestückt, dass man sie so wenig wie möglich benützt. Das hat allerdings den Effekt, dass die Autobahnen chronisch verstopft sind. Morgendliche Verkehrsmeldungen tönen dann etwa so: «Heute gibt es im ganzen Land insgesamt 360 km Stau. Nachfolgend alle Staus über 10 Kilometer Länge…». Wir haben im Bericht 10 ausführlich und mit Fotos darüber berichtet. Es gibt weder Zahlstellen noch eine Autobahnvignette. Die Verkehrspolizei ist sehr präsent. Die Phasen bei den Lichtsignalanlagen in Städten und Dörfern sind sehr lang. Eine Alternative zum Strassenverkehr wäre der öffentliche Verkehr, der aber ist in den Niederlanden manchmal ziemlich schmuddelig und auch nicht sehr pünktlich. Positiv ist die konsequente Trennung des Fahrradverkehrs vom motorisierten Verkehr. Der Fahrstil der holländischen Automobilisten ist waghalsig und aggressiv, aber darüber regt sich niemand auf: Alle fahren so. Gegenüber Velofahrern sind die Niederländer rücksichtsvoll. Die Niederlande sind das Veloland par excellence. Das Fahrrad ist das Verkehrsmittel der Wahl, auch zum Einkaufen. Einkaufszentren auf der grünen Wiese gibt es nämlich praktisch nicht, ausser Möbel- und Heimwerkermärkte.
Wenn wir vom französischen Verkehr sprechen, müssen wir vorausschicken, dass wir Paris ausklammern. Wir kennen nur die Provinz und damit ist in Frankreich alles ausser Paris gemeint. Die Autobahnen, auf welchen Strassenzoll bezahlt werden muss, und die grossen Nationalstrassen sind generell in gutem Zustand. Im zentralistisch organisierten Frankreich werden Autobahnen dort gebaut, wo die Departements- oder Regionsbehörden in Paris am effizientesten lobbyieren. Der Verkehr ist ausserhalb der grossen Städte nicht sehr dicht, die Gendarmerie ist sehr präsent. Die Fahrdisziplin hat sich in den letzten Jahren sehr stark verbessert, ebenso die Rücksicht gegenüber Fussgängern und Velofahrern. Die Phasen bei den Lichtsignalanlagen in Städten und Dörfern sind sehr lang. Der Schienenverkehr ist modern, der TGV wegweisend. Aber auch die TER (Train express régional) sind modern, veraltetes Wagenmaterial sieht man nicht mehr häufig. In vielen Städten gibt es Gratisbusse. Das Verkehrsmittel der Wahl ist das Auto, denn alle grossen Einkaufszentren sind ausserhalb der Dörfer und Städte, weswegen viele Dörfer und Städtchen veröden.
Als wir das letzte Mal in die Schweiz kamen, fuhren wir ein Auto mit französischen Nummernschildern. Obwohl Christian sein Studium als Taxichauffeur verdient hat und meist am Limit fährt, wurden wir dauernd überholt. Offenbar traute man uns «Franzosen» nicht zu, schnell genug zu fahren. Am meisten aber fielen uns die – im Vergleich zu Frankreich und den Niederlanden – schikanös kurzen Phasen bei den Lichtsignalanlagen auf. Das hat zur Folge, dass bei Grün sofort losgeprescht wird, weil nach spätestens fünf Autos wieder auf Rot geschaltet wird. Und wehe, wer nicht sofort losfährt, provoziert ein wütendes Hupkonzert! Verkehrspolizei ist in der Schweiz nicht präsent, die Fahrdisziplin entsprechend miserabel. Auch der Schienenverkehr ist europaweit einzigartig, sowohl bezüglich Pünktlichkeit als auch in Bezug auf Wagenmaterial, mit Ausnahme der kreischenden Strassenbahnen in Zürich.
Wir sind deshalb nicht unglücklich, haben wir uns für das Verkehrsmittel «Schiff» für unsere Reisen durch Europa entschieden. Es geht auf dem Wasser entschieden gelassener zu als auf der Strasse!